13. Fisch in preußischer Zeit
Verwaltung und Politik
Nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig zogen sich die französischen Heere über den Rhein zurück nach Frankreich. In der Neujahrsnacht 1814 überschritt der preußische General Blücher bei Kaub den zugefrorenen Rhein. Die im linksrheinischen Gebiet stationierten französischen Besatzungen flohen.
Im Friedensvertrag vom 30. Mai 1814 wird zwischen Frankreich und
seinen Gegner wieder die Grenze, wie sie am 1. Januar 1792 bestand,
festgelegt. Der Saar-Mosel-Raum kommt am 16. Juni zunächst unter die
Regierung einer „kaiserlich-königlich-österreichischen und
königlich-bayrischen gemeinschaftlichen
Landes-Administration-Kommission“ mit Sitz in Kreuznach. Erst zum 1. Mai
1816 kommt unsere Region zur neuen preußischen Rheinprovinz,
Regie¬rungsbezirk Trier und zum neuen Kreis Saarburg.
So kurz diese Verwaltungszeit auch war, so fügten die Bayern und
Österreicher den Neuerungen aus der Franzosenzeit die Armenfürsorge der
Gemeinden hinzu. Gerade diese sollte sich im 19. Jahrhundert als
bedeutsam erweisen.Die Preußen setzen sich nun über die ehemaligen
Herrschaftsgrenzen und Zugehörigkeiten hinweg und gliedern unsere Region
gänzlich neu. Der Kreis Saarburg wird in zehn Bürgermeistereien
aufgeteilt: Stadt saarburg, Saarburg-Land, Irsch, Zerf, Kanzem, Nittel,
Sinz-Nennig, Perl, Orscholz und Freudenburg.
Fisch gelang zum neuen Bürgermeisteramt Nittel. Dieses zählt 1843
insgesamt 3.075 Einwohner, die sich nach einer Aufstellung wie folgt
verteilen: Fisch (172), Littorf/Rehlinger Hof (38), Köllig (105), Nittel
(884), Onsdorf (196), Rehlingen/Nittel (104), Temmels (394), Gebertshof
(14), Birkelter Hof (11), Wellen (240), Klautermühle (16) und
Wincheringen (901).
Die Ausstattung mit gemeindlichen Einrichtungen zeigt ein gewisses
Wachstum der Gemeinde. Zwischen 1843 und 1855 stieg die Einwohnerzahl in
Fisch von 172 auf 189 an, die in 36 Haushalten lebten. 1900 waren es
238.
In einer Kreisbeschreibung des Jahres 1857 lesen wir: „Der ganze
Kreis Saarburg ist 177.340 Morgen groß. Der Kreis hat 68 Dörfer – die
durchschnittliche Größe der Dörfer beträgt demnach 2.600 Morgen. Fisch
und Rehlingen sind 2.690 Morgen groß. Das hiesige Dorf nimmt mit Bezug
auf die Größe von den 68 Dörfern die 18. Stelle ein. Von dem zu Fisch
gehörenden Boden sind kaum 8 Morgen unbebaut. Danach ist der
Grundsteuerbetrag ein hoher; und da Fisch große Gemeinde-waldungen und
keine gemeinschaftlichen Schulden hat, so kann die Gemeinde wohl kaum
als „nicht leistungsfähig“ bezeichnet werden.
Der Bann Fisch, zu dem auch das Gut Rehlingen gehört, ist mit
letzterem 672 ha groß und in Bezug auf die Flächengröße sind von den 68
Dörfern des Kreises nur 21 noch größer, da fast die gesamte Bodenfläche
unter Kultur steht, so ist der Grundsteuerbetrag dann auch ein
verhältnismäßig hoher, so dass man den hiesigen Schulverband wohl als
leistungsfähig bezeichnen darf. Zudem ist die Gemeinde schuldenfrei und
besitzt nach Abschluss des letzten Rechnungsjahres ein bares Vermögen
von weit über 6.000 Mark.
Der Gemeinderat besteht zu dieser Zeit aus sechs Mitgliedern. Die
Hälfte hiervon muss Grundbesitz nachweisen können. Großgrund¬besitzer,
die mehr als 50 Taler (1861) Grundsteuer zahlen, sind geborene
Ratsmitglieder, alle anderen werden zugewählt.
Das Volk ist nach dem Preußischen Wahlrecht in drei Klassen
eingeteilt. Je nach Vermögen wählt man in seiner Klasse, wobei die
Gewichtung der Stimmen je nach Vermögen steigt. Entsprechend gering ist
das Interesse der einfachen Bevölkerung an der Wahl. So ist 1861 die
Beteiligung an der Gemeinderatswahl eine äußerst geringe, so dass oft
die Schwierigkeit besteht, eine gültige Wahl zustande zu bringen. Im
Kreis gibt es nur Einzelkandidaten, keinerlei politische Gruppierungen,
von Parteien ganz zu schweigen. Dies ändert sich erst mit den
Reichstagswahlen im Kaiserreich ab 1871.
Militärdienst in preußischer Zeit
Auch unter den neuen Herren wurden
die wehfähigen Männer zum Wehr- und Kriegsdienst gerufen. Eine
Aufstellung aus dem Jahre 1895 nennt uns die Namen der Fischer Bürger,
die an den Kriegen gegen Dänemark (1864), gegen Österreich-Ungarn (1866)
und schließlich dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 teilgenommen
haben. Es sind dies:
Name Regiment Kriegsteilnahme
Wacht Nikolaus Infanterie Nr. 30 1870/71
Wacht Peter Artillerie Nr. 8 1870/71
Wacht Anton Infanterie Nr. 40 1870/71
Wacht Michel 3. Garde-Ulanen-Regiment 1864, 1866, 1870/71
Spanier Mathias Infanterie Nr. 70 1866, 1870/71
Scheer Franz Infanterie Nr. 70 1870/71
Scheer Peter Garde-Füsilier-Regiment 1864, 1866
Klemens Nikolaus Husaren Nr. 9 1870/71
Hurt Johann Infanterie Nr. 30 1866, 1870/71
Huwer Johann Infanterie Nr. 70 1870/71
Görgen Peter Infanterie Nr. 40 1870/71
Dostert Mathias Infanterie Nr. 40 1866
Wacht Peter Artillerie Nr. 8 1870/71
Wacht Anton Infanterie Nr. 40 1870/71
Wacht Michel 3. Garde-Ulanen-Regiment 1864, 1866, 1870/71
Spanier Mathias Infanterie Nr. 70 1866, 1870/71
Scheer Franz Infanterie Nr. 70 1870/71
Scheer Peter Garde-Füsilier-Regiment 1864, 1866
Klemens Nikolaus Husaren Nr. 9 1870/71
Hurt Johann Infanterie Nr. 30 1866, 1870/71
Huwer Johann Infanterie Nr. 70 1870/71
Görgen Peter Infanterie Nr. 40 1870/71
Dostert Mathias Infanterie Nr. 40 1866
Alle zehn kehrten gesund aus dem Krieg zurück.
Armut und Auswanderung
Die Armut und Härte des Landlebens in
unserer Region hatte schon früher die Menschen in Glück in der Ferne
suchen lassen. Bereits zur Zeit der Zugehörigkeit von Fisch zum damals
österreichischen Luxemburg wurden Auswanderer für das Banat (heutige
Grenze zwischen Ungarn und Rumänien) geworben, die dort als wehrhafte
Bauern die Grenze zum Osmanischen Reich sichern sollten. Eine Liste aus
den Jahren 1764-1768 nennt auch einen Johann Welder aus Fisch, der sein
Glück in Südosteuropa sucht. Zwischen 1752 und 1786 wanderten unter der
Kaiserin Maria Theresia 3093 Personen aus dem Trierer Land allein nach
Ungarn aus, weitere 894 nach Galizien.
Die Auswanderung erreichte
schließlich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Höhepunkt.
Als Grund werden die hohen Abgaben für den Bau von Straßen, Schulen,
Kirchen und Pfarrhäusern genannt. Wie groß die Not auf dem Land war,
verdeutlicht ein Zitat des Saarburger Landrates aus dem Jahr 1831, der
schreibt: „Was wird es geben, wenn die Kartoffel von dem verzehrt werden
musste, der sie pflanzen sollte?“ Die spürbare Zunahme der Bevölkerung,
die hohe Kinderzahl und damit die Verringerung der
Einkommensmöglichkeiten trugen ebenso wie die Flucht vor dem
Militärdienst zur Auswanderungswilligkeit bei.
Nachrichten von Verwandten übe das
neue Leben in Amerika führten ab 1850 zu einer spürbaren Zunahme legaler
und illegaler Auswanderung. Vor allem Ledige, aber auch ganze Familien
zog es in die neue Welt, oft zu Verwandten. Neben Tagelöhnern, die auf
ein besseres Einkommen hofften, wanderten auch Ackerer, Handwerker,
Lehrer und Priester aus.
Insgesamt sind zwischen 1844 und 1884
aus dem Kreis Saarburg rund 3.500 Personen ausgewandert. Da die Listen
jedoch lückenhaft sind und viele auch in der illegalen Auswanderung ihr
Glück suchten, muss mit einer deutlich höheren Zahl gerechnet werden.
Wirtschaftsleben und Alltag im Dorf
Was
den Erwerbszweig der früheren Dorfbewohner angeht, so wurde damals nur
Ackerbau und Viehzucht betrieben. Die Äcker wurden allerdings nach
heutigen Maßstäben schlecht bewirtschaftet, die Düngung war eine
schwache und die landwirtschaftlichen Geräte waren überholt und
unpraktisch.
Im
Jahre 1861 wurde eine Statistik des Kreises Saarburg aufgenommen.
Demnach waren drei Viertel aller Personen Ackerer. Hinzu kommen 9
Prozent Handwerker und Handarbeiter sowie Tagelöhner und Arme, die von
der Gemeindefürsorge leben müssen. Ein Beispiel aus dem Jahre 1886 soll
als Beispiel genannt werden. Der Gemeinderat beschließt, dem armen und
arbeitsunfähigen Karl Rommelfanger ab dem 1. August eine monatliche
Unterstützung von sechs Mark aus der Gemeindekasse zu bewilligen.
Während
sich Kleinbauern und Handwerker ihren Lebensunterhalt von ihrem Beruf
erarbeiten können, gelingt es kleinen Handwerkern und Tagelöhnern, die
oftmals über ein kleines Stück Land verfügen, oft nicht, das nötige Geld
zu verdienten. So ist der Nebenverdienst der Kinder als Viehhüter oder
Knecht ganz selbstverständlich. Wer infolge von Krankheit oder Unfall
nicht mehr in der Lage ist zu arbeiten, muss durch die Familie versorgt
werden. Ist auch dies nicht möglich, unterstützt die Gemeindekasse den
Hilfsbedürftigen, bringt ihn im Armenhospital in Saarburg unter oder er
ist gezwungen, von Almosen zu leben.